«Wohnen im Rohbau» definieren wir dadurch, dass Mietende räumlich wie auch im Innenausbau mitbestimmen können und auch selber dabei Hand anlegen. Dabei geht es durchaus um klassische Wohnungsgrundrisse. Es existieren jedoch noch wenig Erfahrungen mit dieser neuen Wohnform. Mehr Wissen gibt es zum Thema Hallenwohnen, was ähnliche Voraussetzungen mit sich bringt. Doch beim Hallenwohnen geht es eher um Lebensgemeinschaften in grossen Räumen mit Rückzugnischen. Drei Referent_innen und Referentengruppen gaben jeweils einen eindrücklichen Input zu ihren Erfahrungen und ihrem Engagement in Bezug auf solche neuen Wohnformen.
Tex Tschurtschenthaler als ehemaliger Hallenbewohner, strich die kreative Grundstimmung heraus, die bei solchen Projekten entsteht, da in grossflächigen, gemeinschaftlichen Lebens- und Arbeitsformen viele Individuen mit grossem Ideenreichtum aufeinandertreffen. Er hat in Hallen gewohnt, wo die Rückzugsmöglichkeiten eher klein waren und der gemeinsam genutzte Raum möglichst gross gestaltet wurde.
Die Frage, welche Erfahrungen andere Wohnbaugenossenschaften mit diesen Ideen gemacht haben, konnte Nina Schneider von der Genossenschaft Kalkbreite beantworten. Für das neue Bauprojekt «Zollhaus» sind rund 615 Quadratmeter für Hallenwohnen eingeplant und der Vermietungsprozess der Flächen hat kürzlich begonnen. Die Herausforderung waren die miet- und baurechtlichen Grauzonen, die Tatsache, dass ein reduzierter Ausbau nicht automatisch günstigere Mieten bedeutet, dass Wohnmietende mit Bewilligungsverfahren in komplexen Bauten überfordert sind und, dass die Überhöhe nicht in dem Masse als Wohnfläche gerechnet werden kann, wie vorgesehen.
Der Verein Merum, konzipiert als selbstverwaltete Atelier- und Werkgemeinschaft, verwies auf die anspruchsvolle Suche nach geeigneten Objekten, da Raum für die Synergie von künstlerischem Schaffen und persönlichem Wohnraum im selben Ort auf dem Wohnungsmarkt kaum zu finden ist. In diesem Zusammenhang ist es eine grosse Chance, wenn junge Baugenossenschaften wie Kraftwerk1, Raum für neue Wohnformen zur Verfügung stellen.
Im anschliessenden Diskussionsteil wurden Erfahrungen ausgetauscht sowie Spannungsfelder und Knackpunkte rund um «Wohnen im Rohbau» angeregt diskutiert.